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Esskultur rund um die Welt: 5 Religionen und ihre Speisegesetze

Buntes Obst und Gemüse auf eine, Tisch. Zwei Frauen mit Kopftüchern richten es an. | © Jasmin Merdan, Getty Images
© Jasmin Merdan, Getty Images
Obst und Gemüse darf im Islam uneingeschränkt verzehrt werden. Für die Zubereitung von Fleisch dagegen gelten strenge Vorschriften.

Unterschiedliche Religionen, unterschiedliche Ernährungsweisen – kommen sie an einem Tisch zusammen, wird es unübersichtlich: Der eine isst koscher, der andere halal, ein Dritter rein vegetarisch. Wir haben uns die Speisevorschriften der fünf großen Weltreligionen genauer angesehen. Ein Blick über den Tellerrand.

Religionen bestimmen den Speiseplan – auch heute noch: Während die Kuh für Hindus heilig ist, steht sie bei Moslems und Juden durchaus auf dem Speiseplan. Dafür ist Schweinefleisch für sie tabu. Christen wiederum essen sowohl Rind als auch Schwein. Wie man sieht, nehmen nicht nur Kultur und Traditionen Einfluss auf unsere Ernährungsweisen, sondern auch der Glaube. Die Ernährungsvorschriften der verschiedenen Religionsgemeinschaften reichen von generellen Ge- und Verboten bis hin zu Regeln für die Zubereitung und Lagerung von Lebensmitteln. Wir haben die fünf großen Weltreligionen unter die Lupe genommen und erklären, was beim wem auf den Tisch kommt und was nicht.

Die Speisegesetze im Islam

Der Koran und die Überlieferungsberichte des Propheten Mohammeds enthalten zahlreiche Gebote und Regeln für das muslimische Leben und bestimmen dadurch maßgeblich den Alltag vieler gläubiger Muslime. Die islamischen Speisevorschriften verlangen allen voran den Verzehr von gesunden und reinen Lebensmitteln. Dabei muss die Speise sowohl physisch als auch moralisch rein und gesund sein. Lebensmittel, die dem Menschen schaden oder mit unethischen Mitteln erworben wurden, sind für Muslime nicht erlaubt. Folglich wird unterschieden zwischen solchen Lebensmitteln, die erlaubt und zum Verzehr gestattet sind (halal), und solchen, die verboten und nicht zum Verzehr gestattet sind (haram). Diese Einteilung ist nicht immer eindeutig, da es vorkommen kann, dass bei der Herstellung von ursprünglich reinen Lebensmitteln, verbotene Zusätze und Hilfsstoffe verwendet werden – zum Beispiel bei Apfelsaft, der unter Zuhilfenahme von Schweinegelatine geklärt wurde.

Zu den verbotenen Lebensmitteln (haram) im Islam zählen:

  • Schweinefleisch und daraus hergestellte Produkte wie Gelatine, Schmalz

  • innere Organe

  • Blut und daraus hergestellte Produkte wie Wurst

  • Fleisch verstorbener Tiere

  • Fleisch von fleischfressenden Tieren und Aasfressern

  • Fleisch von Vögeln mit Krallen

  • Reptilien, Amphibien und Insekten

  • nicht-geschächtetes Fleisch und daraus hergestellte Produkte 

  • Alkohol

Im Umkehrschluss heißt das: Zu den erlaubten (Halal-)Lebensmitteln zählen alle Speisen, die nicht ausdrücklich verboten sind. Dazu gehören Halal-Fleisch von Rind, Schaf, Ziege, Lamm oder Huhn, Eier, Frischmilch und Milchprodukte, frischer Fisch, der Schuppen hat wie Lachs, Karpfen oder Forelle, rein pflanzliche Fette, Öle und Butter, Wasser, naturtrüber Fruchtsaft, Kaffee und Tee.

Damit Fleisch oder ein fleischhaltiges Lebensmittel als halal eingestuft werden kann, spielt aber nicht nur die Wahl des Tieres, sondern auch die Vorgehensweise bei der Schlachtung eine wichtige Rolle. Sie unterliegt strengen Regeln, die unbedingt eingehalten werden müssen. Zunächst muss der Schlachter selbst Muslim sein und bei der Tötung den Namen Allahs aussprechen. Dem lebendigen Tier werden Luft- und Speiseröhre sowie beide Schlagadern unterhalb des Kehlkopfes durchgeschnitten. Dadurch soll das möglichst schnelle und rückstandslose Ausbluten gewährleistet werden, denn der Verzehr von Blut ist im Islam ausdrücklich verboten. 

In Deutschland ist die rituelle Schlachtung von Tieren ohne Betäubung gesetzlich verboten (nach § 4 des Tierschutzgesetzes) und wird von Tierschutzvereinen wie Peta stark kritisiert. In vielen türkischen Supermärkten wird Halal-Fleisch daher als Importware angeboten.

Die Ernährungsvorschriften im Judentum

Im Vergleich zu anderen Religionen sind die jüdischen Speisegesetze (hebräisch: Kaschrut) für die Zubereitung sowie den Genuss von Speisen und Getränken sehr genau und deutlich strenger formuliert. Der heutige Umgang von Juden mit der Kaschrut ist sehr unterschiedlich und geht von striktester Einhaltung durch orthodoxe Juden bis hin zu völliger Nichtbeachtung durch säkulare Juden. 

Im Judentum werden Lebensmittel eingeteilt in solche, die für den Verzehr erlaubt (koscher), und solche, die verboten (nicht koscher oder treife) sind. Das Ziel der jüdischen Ernährungsvorschriften ist, das physische und moralische Wohlergehen des Menschen zu gewährleisten. Diese drei Grundregeln müssen im Judentum eigehalten werden:

1. Die Unterscheidung von koscheren und nicht koscheren Tieren

Nach den jüdischen Speisevorschriften sind nur bestimmte Tierarten rein und gesund und dürfen vom Menschen verzehrt werden. Folgende erlaubte und verbotene tierische Produkten bestimmen den jüdischen Alltag:

  • Landsäugetiere: Koscher ist ein Tier, wenn es gespaltene Hufe hat und ein Wiederkäuer ist, wie beispielsweise Kühe, Ziegen, Schafe und Rehwild. Nicht koscher sind dagegen Hasen, Kaninchen, Eichhörnchen, Bären, Hunde, Katzen, Kamele und Pferde. Schweine haben zwar gespaltene Hufe, sind aber keine Wiederkäuer. Ihr Fleisch ist somit verboten.

  • Geflügel: Koschere Vogelarten sind die heimischen Hühnerarten, Enten, Gänse, Puten und Tauben. Verboten sind alle Raubvögel und Aasfresser. 

  • Fisch und Meeresfrüchte: Wasserlebewesen sind koscher, wenn sie Flossen und Schuppen haben, wie Lachs, Thunfisch, Hecht, Karpfen, Flunder und Hering. Nicht koscher sind zum Beispiel Aal, Wels, Stör, Schwertfisch, Krebse, Schalentiere, Krabben und alle Meeressäugetiere.

  • Milchprodukte und Eier: Was von einem koscheren Tier stammt, ist koscher. Was von einem nicht koscheren Tier stammt, ist nicht koscher. Die Milch einer Kuh oder Ziege darf  also verzehrt werden, die eines Pferdes hingegen nicht.

  • Reptilien, Amphibien, Würmer und Insekten sind nicht koscher. 

  • Eine Ausnahme bildet Honig, der als koscher gilt, obwohl er von einem nicht koscheren Tier (Biene) hervorgebracht wird. 

2. Das Verbot des Blutgenusses

Der Verzehr von Blut ist im Judentum nicht gestattet. Aus diesem Verbot ergeben sich strenge Vorschriften für die Zubereitung von koscherem Fleisch: Das Tier wird geschächtet, damit das Blut möglichst vollständig herausfließt. Wie bei der islamischen Schlachtung wird dem lebendigen, unbetäubten Tier mit einem scharfen Messer die Kehle durchgeschnitten. Sie darf nur von einem ausgebildeten, jüdischen Schlachter durchgeführt werden. Innerhalb von 72 Stunden muss das Fleisch so bearbeitet werden, dass das gesamte Blut durch einen speziellen Wässerungs- und Salzungsprozess entfernt wird. Da die Leber einen hohen Blutgehalt hat, wird sie vor dem Verzehr mittels eines Röstprozesses vom Blut befreit. Auch Eier müssen sorgfältig nach Blutspuren untersucht werden, bevor sie gegessen werden dürfen. Fische hingegen müssen nicht geschächtet werden.

3. Die Trennung von Fleisch- und Milchprodukten

Des Weiteren verlangt die Kaschrut eine strenge räumliche und zeitliche Trennung von fleischigen und milchigen Speisen. Lebensmittel, die weder Fleisch noch Milch enthalten, werden als neutral (parve) bezeichnet. Neutrale Lebensmittel dürfen sowohl mit Milchspeisen als auch mit Fleischspeisen verzehrt werden. Das Verbot gilt nicht nur für Fleisch und Milch per se, sondern auch für alle Produkte, die daraus hergestellt und gewonnen werden: Fleischbrühe, Bratensoßen, Gelatine, Fette, Milchprodukte wie Jogurt, Käse, Eis und jede Speise, die selbst kleinste Spuren davon enthält. 

Da fleischige und milchige Lebensmittel keinesfalls miteinander vermischt werden dürfen, verwenden Juden in der Regel unterschiedliches Koch- und Essgeschirr sowie Essbesteck für Fleisch- und für Milchprodukte. Darüber hinaus müssen zwischen ihrem Verzehr Wartezeiten eingehalten werden. Wenn fleischige Speisen gegessen wurden rund sechs Stunden, bei milchigen etwa eine halbe Stunde, bevor das jeweilige Gegenstück dazu auf den Teller kommen darf.

Ernährung im Christentum

Anders als im Islam oder Judentum gibt es bei den Christen keine vorgeschriebenen Speiseregeln. In der christlichen Kirchengeschichte finden sich nur vereinzelt Ansätze für eine ganzheitliche Ernährungs- und Umweltethik. In der römisch-katholischen Kirche gibt es Speiseempfehlungen für Fasten- und Abstinenztage, die auch als Freitagsopfer bezeichnet werden, da Jesus nach christlicher Überlieferung an einem Freitag gestorben ist. In katholisch geprägten Regionen kommen an Freitagen auch heute noch keine Fleischgerichte, sondern Fisch- oder Eierspeisen auf den Tisch.

Auch wenn Christen mehr oder weniger essen dürfen, was sie wollen, sollen sie die von Gott geschaffene Natur schonend behandeln. Nachhaltige und faire Landwirtschaftsmethoden, die das Wohl des Menschen, der Tiere und der gesamten Natur begünstigen, stehen also im Vordergrund. Ob ein Christ Fleisch, Wurst oder Eier aus Massentierhaltung essen möchten, muss er vor seinem Gewissen selbst entscheiden.

Speisevorschriften im Buddhismus 

Auch im Buddhismus dienen Essen und Trinken nicht nur der bloßen Nahrungsaufnahme und dem Erhalt des körperlichen Daseins. Vielmehr geht es um den bewusste Umgang mit Nahrung, der sich hauptsächlich von den fünf buddhistischen GebotenSilas genannt – ableitet: Ein Buddhist soll nicht töten, nicht stehlen, nicht lügen, sich nicht berauschen und sich nicht unrechter Sexualität hingeben. Mitgefühl mit allem Lebendigen, also auch mit Tieren, und das Vermeiden von Leid sind zentrale Aspekte des Buddhismus. Obwohl das Quälen und Töten von Tieren kategorisch abgelehnt wird, ist es ein weit verbreiteter Irrtum, dass Buddhismus und Vegetarismus zwangsweise zusammenhängen. Ein tatsächliches Fleischverbot wird nur im Mahayana-Buddhismus ausgesprochen, wobei dieses Verbot auch nur für Mönche gilt. Im Gegensatz dazu dürfen Mönche des Theravada-Buddhismus Fleisch essen, wenn es ihnen gegeben wird, sie nicht Zeuge der Tötung wurden und sie nicht davon ausgehen müssen, dass das Tier extra für sie geschlachtet wurde.

Auch wenn Fleischverzehr in den meisten buddhistischen Strömungen nicht per se abgelehnt wird, leben viele Buddhisten streng vegetarisch, um keinem Tier Leid zuzufügen – insbesondere, weil die Qualen, die Tiere heutzutage erleiden, weit über das Leid beim Schlachten hinausgehen (Stichwort: Massentierhaltung). Die Begründung für die vegetarische Lebensweise liegt in der Annahme, dass jedes fühlende Wesen einen Buddha in sich tragen könnte. Somit könnte durch den Genuss von Fleisch möglicherweise ein zukünftiger Buddha getötet werden.

Grundsätzliche Verbote gelten im Buddhismus lediglich für den Verzehr von Elefanten-, Pferde-, Hunde-, Schlangen- und Raubtierfleisch. Auch Zwiebeln, Schnittlauch, Knoblauch, Porree und Ingwer gehören zu den verbotenen Lebensmitteln, da ihnen eine stark anregende Wirkung zugesprochen wird, die ungewollte sexuelle Energien freisetzen kann.

Speiseregeln im Hinduismus

Wie der Buddhismus entstand auch der Hinduismus in Indien. Rund 80 Prozent der indischen Bevölkerung folgen dem hinduistischen Glauben und leben nach dem Gebot der Gewaltlosigkeit (ahimsā, dem „Nicht-Verletzten“). Seit Jahrtausenden ist „ahimsā“ ein zentrales Gebot im Hinduismus und schließt nicht nur den Menschen, sondern alle Lebewesen ein. Aus diesem Grund ist die vegetarische Lebensweise unter Hindus weit verbreitet. Dem war nicht immer so: Ursprünglich durften Fleisch und Fisch verzehrt werden, sofern das Tier den Göttern geopfert wurde und dieses Opfer die Tötung rechtfertigte. Erst als der Hinduismus zunehmend vom Prinzip der Gewaltlosigkeit beeinflusst wurde und sich die Kaste der Brahmanen (die in der hinduistischen Gesellschaft höchste Priestergruppe) anfing, vegetarisch zu ernähren, etablierte sich der Vegetarismus als hinduistisches Ernährungsmodell.

Ein weiterer Grund dafür ist der Glaube an Reinkarnation und Karma, dem Prinzip von Ursache und Wirkung. Hindus sind davon überzeugt, dass ihre gegenwärtigen Lebensumstände die Auswirkungen des in einem früheren Leben angesammelten Karmas sind. Für ein gutes Karma zu sorgen ist also Ziel eines jeden Lebens. Und das Essen von Fleisch wird in den zentralen hinduistischen Schriften übereinstimmend mit einer schlechten Handlung in Verbindung gebracht.

Gleichzeitig ist der Hinduismus wahrscheinlich auch die Religion, in der Tiere den höchsten Stellenwert besitzen. Viele Tiere werden verehrt und Gottheiten als Tiergestalten dargestellt. Ein bekanntes Beispiel ist der Elefantengott Ganesha, der – halb Mensch, halb Tier – in allen Strömungen des Hinduismus vorkommt. Zudem wird die Kuh als heiligste Tiergottheit angesehen, die den Sitz aller Götter in sich trägt. In Indien leben Kühe in absoluter Freiheit, traben unbehelligt durch den indischen Großstadtverkehr und werden sogar in Altenheimen gepflegt. Selbst diejenigen Hindus, die Fleisch essen, würden niemals Rindfleisch zu sich nehmen.

Außerdem gilt, dass Speisen und Getränke möglichst „rein“ sein sollen. Das Reine gilt als förderlich und glückbringend, das Unreine als schändlich und gefährlich. Reine Lebensmittel sind beispielsweise Wasser und Ghee (flüssiges, gereinigtes Butterschmalz). Auch die fünf Produkte der Kuh – Milch, Joghurt, Butter, Urin und Dung – werden in höchstem Maße als rein und heilbringend angesehen. Von großer Bedeutung ist zudem, wer eine Speise zubereitet hat. War der Koch unrein, weil er einer niedrigeren Kaste angehört, ist auch das Essen unrein.

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