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Amsterdam zu Fuß erkunden: 3 Spaziergang-Tipps

Bunte Häuserfront in Amsterdam. | © Getty Images | George Pachantouris
© Getty Images | George Pachantouris
Amsterdam - eine wunderbare Stadt für Spaziergänge

Amsterdam entdeckt man am besten zu Fuß. DONNA-Autorin Janina Temmen, die seit vielen Jahren in der niederländischen Hauptstadt lebt, verrät ihre Lieblingsrouten.

Als die WhatsApp kam, „Appeltaart? Morgen om 9?“, wusste ich, dass wir neue Freunde hatten. Eine Einladung zu Kaffee und Kuchen, aber nicht am Nachmittag, wie ich es erwartet hätte, sondern am heiligen Sonntagvormittag. „Anstelle von Frühstück?“, wollte ich noch fragen, ließ es dann aber, um nicht zu steif und unflexibel zu wirken. Wir aßen die Tarte dann auf der Treppe vorm Haus, weil der Himmel aufriss, und wenn sich die Sonne zeigt, sind die Niederländer draußen. Sofort. Da wird nicht erst groß der Terrassen-Tisch oder Balkon geschrubbt, herrlich.

Anfangs, das muss ich zugeben, war ich in Amsterdam überfordert. Es schien mir zu laut, zu aufdringlich, wuselig. Fahrradfahrende Gemütlichkeit? Von wegen. In Sachen „fietsen“ kennen die Niederländer kein Pardon. Ich weiß noch, wie ich an einem stürmischen Tag versuchte, mit Regenschirm zur Arbeit zu radeln. Dutzende Radfahrer überholten mich schimpfend, einer rief: „Wer zögert, verliert!“ Niederländer benutzen so gut wie nie Schirme oder Regencapes, sie werden einfach nass, was soll’s. Im Kindergarten ist meine Tochter die Einzige, die Mütze trägt.

Sind die anderen deshalb öfter krank? Im Gegenteil. Meine Mutter macht das noch immer sprachlos, wenn sie zu Besuch ist. Ebenso, dass unsere Nachbarn ihre Gardinen nie schließen, selbst, wenn sie nackt zum Kühlschrank laufen. Das macht man hier einfach nicht. Finde ich mittlerweile auch sehr beruhigend: Die sehen mich, ich sehe sie, irgendwie passt man aufeinander auf. Die Enge der Stadt beklemmt mich manchmal aber auch. Dann muss ich raus ans Meer, das ja nur eine halbe Stunde entfernt liegt. Wenn man für sich sein möchte, sollte man noch ein bisschen weiter fahren: Denn auch in der Natur verbringen die Niederländer ihre Zeit gerne in Scharen miteinander.

Bei unseren ersten Abenden in einem der puppenhauskleinen Restaurants Amsterdams war ich meinen Tischnachbarn oft näher als meinem Mann, das fand ich gewöhnungsbedürftig. Was ich dadurch aber schnell gelernt habe: Geselligkeit! Ihren absoluten Höhepunkt erlebt man am 27. April, dem Königstag, der sehr heiter und ausgelassen gefeiert wird. Ob ich wohl irgendwann auch die Lässigkeit der Amsterdamer lerne? Immerhin: Nass regnen lasse ich mich mittlerweile mit erhobenem Haupt.

1. Spaziergang: Ganz zentral um den Centraal – von wuselig bis weltgewandt

Amsterdam ist vielerorts so eng und kleindimensioniert, dass man das echte Großstadtleben hier gar nicht erwarten würde. Wie nonchalant sie den Spagat zwischen Historie und Moderne aber meistert, spürt man besonders gut rund um den Hauptbahnhof Centraal. Morgens ist er Umschlagplatz für Tausende Pendler, also links liegen lassen und Richtung Haarlemmerdijk laufen: einer Flaniermeile mit ausgefallenen Boutiquen, aber auch Allerweltsläden, wo Einheimische einkaufen. Unbedingt im Concept-Store „Six and Sons“ und der Druckerei „Typique“ stoppen und weiter Richtung Westerpark schlendern, wo sich die Stadt plötzlich öffnet. Sie sollten im Backsteinhäuschen-Café „De Bakkerswinkel“ lunchen, dann noch einen Kaffee in der „Espressofabriek“ holen oder die Schokolade des Amsterdamer Labels Tony’s Chocolonely probieren – und danach zurück ins Getümmel des Hauptbahnhofs. Von dort aus mit den kostenlosen Fähren auf die andere Seite übersetzen (dauert circa. 3 Minuten), es ist ein Erlebnis für sich! Hier drängen sich Fahrrad- und Mopedfahrer, Künstler, die im Norden ihre Ateliers haben, Hafenarbeiter und Touristen. Nase in die Luft halten und das nahe Meer schnuppern! Staunen Sie drüben über die zeitgenössische Architektur vom „Eye Film Museum“. Das Nachbargebäude, der Turm „A’dam“, ist mit seinen Restaurants, Geschäften und Büros brandneu und die Aussicht von seiner Plattform spektakulär (22. Stockwerk, kaum ein Gebäude in Amsterdam ist so hoch). Wer mag, bleibt in einem der Restaurants zum Dinner, allerdings läuft nichts ohne Reservierung. Das benachbarte „THT“ ist unkomplizierter. An milden Abenden lohnt es, sich zur „NDSM“-Werft shutteln zu lassen. Oder wieder übersetzen und einen Drink in der mondänen Bar „The Duchess“ nehmen.

Extra-Tipp: Auch wenn man sich Amsterdam „erläuft“, lohnt es sich, die App vom öffentlichen Verkehrsverbund GVB runterzuladen. Die Wegepläne sind super.

2. Spaziergang: Durchs Künstlerviertel – von puppenhaft bis multikulti

Je eher man die Touri-Routen verlässt, desto authentischer, logisch, wird das Amsterdam-Erlebnis. Im ehemaligen Künstlerviertel Jordaan geht das recht einfach, weil sich die Straßen wie ein kleinmaschiges Spinnennetz vor einem ausbreiten. Die Elandsgracht ist der perfekte Startpunkt: Von dort aus im Schlängelgang quer durch die „Negen Straatjes“ laufen, sich von den Lädchen anziehen lassen und an den großen Grachten (Keizersgracht, Herengracht, Singel) immer wieder stehen bleiben und Häuser gucken – hier sind sie am malerischsten! Danach die Rozengracht überqueren und an der Kirche Westerkerk vorbei zum Noordermarkt schlendern (montags findet da ein toller Flohmarkt statt, samstags ein Bio-Markt). Es gibt nicht die eine Route. Viel besser ist: sich verlieren und treiben lassen. Eine der romantischsten Grachten des Jordaans ist die Bloemgracht: Auf einer der geranienbepflanzten Brücken können selbst Selfie-Verächter nicht widerstehen, ein Foto von sich im Blumenmeer zu machen. Nehmen Sie sich auf jeden Fall die Zeit, bis zur Brouwersgracht zu laufen, wo alte Hausboote parken, und wieder umzukehren. Von der Rozengracht eine Tram nehmen bis zum Ten Katemarkt im Viertel Oud-West: In den ehemaligen Tram- und jetzigen Markthallen „De Hallen“ kann man wunderbar eine Kleinigkeit essen. Gehen Sie unbedingt auch einmal in den Keller, um die unterirdische Fahrrad-Garage zu bestaunen! Beim hinteren Ausgang (Bilderdijkkade) wieder raus und in der Kaffeerösterei „Lot 61“ anhalten: Hier gibt es nicht nur einen der besten Kaffees der Stadt, man kann auch herrlich am Fenster sitzen und gucken, staunen, sich freuen.

Extra-Tipps: Eine Kanaltour ist touristisch, lohnt sich aber immer. Mutige mieten sich ein E-Boot (z. B. bei Mokum) und steuern selbst.

3. Spaziergang: Die Luxusvariante – von elegant bis lässig

Morgens um neun ist der Vondelpark am gefährlichsten: Weil er von den Amsterdamern als Schnellweg ins Büro benutzt wird. Also nicht zu verträumt durch den Park wandeln – und am Ausgang Emmastraat wieder hinaus. Ins Luxusviertel Oud-Zuid kommt man, um zu staunen: über die Prachtvillen und Edel-Boutiquen in der Cornelis Schuytstraat. Anschließend sollte man weiter Richtung Concertgebouw und zur „Museumsinsel“ laufen, um eines der drei großen Museen oder den Neuling zu besuchen: Das „Rijksmuseum“ ist fantastisch, aber riesig. Das „Stedelijk Museum“ ist sehr modern, mit ausgefallenen Sonderausstellungen. Das „Van Gogh Museum“ hat immer lange Schlangen, zu Recht. Das „Moco Museum“ ist Geschmackssache, aber kurzweilig. Unbedingt vorab online Eintrittskarten kaufen, das gilt für alle Museen! Nach dem Kunstgenuss schlendere ich am liebsten durch das Tor des „Rijksmuseums“ ins Spiegelkwartier, das Antikviertel. Die Utrechtsestraat ist eine Bummelstraße mit tollen Shops (wie „MaisonNL“) und liegt nur einen Steinwurf von der Amstel entfernt, man sucht in Amsterdam halt immer wieder das Wasser. Dort einmal auf die „Magere Brug“ schlendern und das Treiben während des Sonnenuntergangs anschauen. Zur blauen Stunde sollte man in einem Café „borrelen“, was so viel bedeutet wie „den Feierabend genießen“: mit einem kühlen Rosé und frittierten „Bitterballen“ (Fleischkroketten) dazu. Mein Liebling ist das Café „Marcella“ am Amstelveld. Von da aus Richtung Zoo schlendern, beim Botanischen Garten anhalten und mit Blick auf die wilden Tiere im Restaurant „De Plantage“ essen. Wetten, Sie planen dort Ihre nächste Amsterdam-Tour?

Extra-Tipp: Die niederländische Küche ist vielleicht nicht berühmt, aber mindestens eine Spezialität wie „Frits“ (Pommes), „Oliebollen“ (frittiertes Gebäck) oder „Makreel“ (Makrelen) muss man gekostet haben – am besten an einer der unscheinbaren Straßenbuden.

 

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Eine tolle Dauerausstellung, ein spektakulärer Ausblick aus dem Café: das Eye Film Museum. (Foto: Iwan Baan)
 | © Iwan Baan
Eine tolle Dauerausstellung, ein spektakulärer Ausblick aus dem Café: das Eye Film Museum. (Foto: Iwan Baan)
Foto: Iwan Baan