Unverträglichkeit

Fructoseintoleranz erkennen und richtig behandeln

Frische Früchte wie Kirschen enthalten besonders viel Fruchtzucker und können bei Menschen mit einer Fruktose-Intoleranz unangenehme Beschwerden auslösen. | © BALLERO ISTOCK
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Frische Früchte wie Kirschen enthalten besonders viel Fruchtzucker und können bei Menschen mit einer Fruktose-Intoleranz unangenehme Beschwerden auslösen.

Bei einer Unverträglichkeit gegen Fruchtzucker ist der körpereigene Abbau von Fruktose gestört – unangenehmen Beschwerden wie Verdauungsstörungen sind die Folge. Woran Sie eine Fructoseintoleranz erkennen und worauf Betroffene bei der Ernährung achten sollten, erklärt Experte Univ. Prof. Dr. Michael Wolzt im DONNA-Interview.

Zu viel Zucker – also Haushaltszucker oder Saccharose – ist ungesund. Doch was ist mit anderen Zuckerarten? Auch diese können bei langfristigem Verzehr großer Mengen nicht nur zu Übergewicht, sondern in vielen Fällen auch weitere gesundheitliche Beschwerden hervorrufen – allen voran Fruchtzucker: Etwa jeder zehnte Deutsche leidet an einer Unverträglichkeit gegen Fruktose, die auch als Fruktose-Intoleranz oder Fruktose-Malabsorption bezeichnet wird.

Univ. Prof. Dr. Michael Wolzt ist als Facharzt für Innere Medizin an der Medizinischen Universität in Wien tätig und Autor des Buches „Krank trotz gesunder Ernährung: Gluten-, Laktose-, Fruktose-, Histamin-Intoleranz. Beschwerdefrei leben“. Im DONNA-Interview erklärt der Internist, an welchen Anzeichen Sie eine Fruktose-Malabsorption erkennen und wie eine ideale Ernährung bei Betroffenen aussehen sollte.

DONNA Online: Die meisten Menschen kennen Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Laktose- oder Gluten-Intoleranz, nicht aber Fruchtzucker-Unverträglichkeit. Wie verbreitet ist Fruktose-Intoleranz?
Univ. Prof. Dr. Michael Wolzt: Fruktose (Fruchtzucker) kommt als Monosaccharid hauptsächlich in Obst und Gemüse, aber auch in industriell hergestelltem Fruktose-Sirup vor. Als Disaccharid bildet es mit Glukose den Haushaltszucker. Die Kapazität zur Aufnahme von Fruchtzucker aus dem Darm ist begrenzt und führt bei größeren Mengen in der Nahrung zu Symptomen einer Fruktose-Malabsorption mit Blähungen und Durchfall. Es ist also strenggenommen keine Intoleranz, sondern nur eine Überbelastung des Transportsystems.

Die Fruktose-Intoleranz ist eine seltene erbliche Störung des Fruktoseabbaus in der Leber und wird bereits bei Babys auffällig. Diese Patienten und Patientinnen benötigen eine lebenslange, strenge Fruktose-freie Diät. Durch den zunehmenden industriellen Einsatz von Fruktose-Sirup als Süßungsmittel bei der Lebensmittelproduktion ist der Konsum von Fruktose in der westlichen Welt auf bis zu 75 Gramm pro Tag angestiegen. Diese Menge Fruktose kann bei bis zu 30 Prozent der Bevölkerung nicht vollständig resorbiert werden.

Was ist der Unterschied zwischen Fruktose und Glukose, also Traubenzucker?
Fruktose (Fruchtzucker) und Glukose sind Monosaccharide, die sich in der chemischen Struktur unterscheiden. Fruktose wird seit vielen Jahren in Diabetiker-Produkten verwendet, da sie eine stärkere Süßkraft besitzt, weniger Kalorien somit gleich süß schmecken und im Gegensatz zu Glukose nur eine geringere Ausschüttung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse verursacht. Diesem Kalorien-Vorteil steht jedoch gegenüber, dass bei einer Fruktose-reichen Diät bei gesunden Menschen etwa um ein Drittel höhere Blutfettspiegelwerte messbar sind. Ein hoher Konsum von Fruktose wird mit Fettleber in Zusammenhang gebracht. Der Haushaltszucker (Saccharose) besteht aus je einem Molekül Fruktose und Glukose.

Mit welchen Symptomen macht sich eine Fruktose-Unverträglichkeit bemerkbar?
Nicht resorbierte Fruktose wird im Dickdarm von Bakterien unter Freisetzung von Wasserstoff, Methan, Kohlendioxid und kurzkettigen Fettsäuren verstoffwechselt. Daher kommt es bei Betroffenen zu Blähungen und Durchfällen, abhängig von der zugeführten Menge an Fruktose und den Darmkeimen. Die Aufnahme von Fruktose aus dem Darm wird durch gleichzeitig vorhandene Glukose stimuliert, weswegen Haushaltszucker bei Fruktose-Malabsorption häufig ohne Beschwerden vertragen wird.

DONNA-Experte Univ. Prof. Dr. Michael Wolzt ist als Facharzt für Innere Medizin an der Medizinischen Universität in Wien tätig und beantwortet im Interview alle wichtigen Fragen zum Thema Fruktose-Unverträglichkeit. | © MEDUNI WIEN
DONNA-Experte Univ. Prof. Dr. Michael Wolzt ist als Facharzt für Innere Medizin an der Medizinischen Universität in Wien tätig und beantwortet im Interview alle wichtigen Fragen zum Thema Fruktose-Unverträglichkeit.
Foto: MEDUNI WIEN

Wie kann eine Fruktose-Malabsorption diagnostiziert werden?
Zur Diagnosesicherung sollte ein Wasserstoff (H2)-Atemgastest durchgeführt werden. Dabei wird nach Trinken einer Fruktoselösung die Exhalation von H2 in der Atemluft gemessen. Der Test ist nicht-invasiv, eine entsprechende Vorbereitung ist jedoch notwendig (nüchtern, kein Zähneputzen, keine Antibiotika, nicht Rauchen), damit falsch negative Ergebnisse vermieden werden. Achtung: Dieser Test kann natürlich Magen-Darmbeschwerden verursachen, da ja der Auslöser der Unverträglichkeit zugeführt wird.

Bedeutet die Diagnose Fruktose-Unverträglichkeit, dass Betroffene künftig auf sämtliches Obst sowie Nahrungsmittel mit Haushaltszucker verzichten müssen?
Nein, geringe Mengen an Fruktose verursachen keine unangenehmen Beschwerden. Insbesondere bei Kombination von Fruktose mit Glukose ist die Zucker-Aufnahme im Darm verbessert. Durch einen chemischen Trick kann die Fruktose Verträglichkeit verbessert werden: Bei gleichzeitiger Zufuhr von Xylose-Isomerase-Produkten kann der Abbau von Fruktose im Darm verbessert werden. Diese Bedarfsbehandlung kann Beschwerden bei Betroffenen verbessern. Manchmal hilft auch eine gleichzeitige fettreiche oder eiweißreiche Nahrung, weil dadurch der Dünndarmtransport verlangsamt und die Zeit zur Aufnahme von Fruktose verlängert wird.

Woran erkenne ich im Supermarkt Produkte, die versteckt Fruktose enthalten?
Es besteht derzeit keine Kennzeichnungspflicht für Fruktose in Lebensmitteln. Aufgrund der angeführten Nährwerttabellen auf Verpackungen ist aber ein indirekter Hinweis gegeben: Enthält ein Lebensmittel wenig Zucker, dann ist auch der Fruktose-Gehalt gering. Eine explizite Angabe des Fruktosegehalts geschieht freiwillig durch den Hersteller.

Kann eine Fruktose-Intoleranz durch hormonelle Umstellungen wie die Wechseljahre plötzlich auftreten – oder wieder verschwinden?
Dazu ist keine wissenschaftliche Literatur verfügbar. Einzelfallberichte geben dazu auch kein klares Bild.

Wie schädlich ist es für die Gesundheit, wenn ich die Anzeichen einer Fruktose-Unverträglichkeit ignoriere und trotzdem weiterhin Obst esse? Kann das ernstzunehmende Folgen für die Gesundheit haben?
Ein Missachten dieser unangenehmen Symptome ist an sich nicht schädlich, sofern ausgeschlossen wird, dass diese Anzeichen nicht von einer anderen Krankheit kommen. Auch wird die Aufnahme der meisten Medikamente durch eine Fruktose-Resorptionsstörung nicht gehindert. Durch eine einfache Ernährungsumstellung kann einer Fruktose-Unverträglichkeit aber gut begegnet werden. Unter dem Kürzel FODMAP (red. Anmerkung: eine kohlenhydratreduzierte Ernährung bei Reizdarm und anderen Verdauungsbeschwerden) findet man entsprechende Rezepte.

Sind Patienten mit chronischen Erkrankungen anfälliger für eine Fruktose-Malabsorption?
Bei chronischen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, insbesondere bei einer entzündlichen Veränderung der Schleimhaut, oder bei einer längeren Antibiotikabehandlung mit Beeinflussung der Darmkeime werden die Verdauung, die Zucker-Aufnahme aus Nahrungsmitteln, sowie die Verstoffwechslung von Fruktose im Darm beeinträchtigt. Nicht selten tritt eine gemeinsame Unverträglichkeit von Fruktose und Milchzucker (Laktose) auf.