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Gastronomin Haya Molcho im Interview: Geht nicht, gibt's nicht!

Haya Molcho, Neni-Restaurant Gründerin  | © NURIEL MOLCHO BRANDSTÄTTER VERLAG
© NURIEL MOLCHO BRANDSTÄTTER VERLAG
Haya Molcho, Jahrgang 1955, wurde in Tel Aviv geboren. Mit neun Jahren zog sie mit ihren Eltern nach Bremen, wo sie nach dem Abitur Psychologie studierte. Erst nach der Geburt ihrer vier Söhne startete sie als Köchin durch und eroberte mit ihrem Catering-Konzept die kulinarische Szene Wiens.

Von der Hobbyköchin zum Gastro-Imperium: 2009 eröffneten Haya Molcho und drei ihrer Söhne das erste NENI-Restaurant am Wiener Naschmarkt und brachten damit die levantinische Esskultur nach Europa. Im Interview mit DONNA Online spricht die Wahlwienerin über ihre Leidenschaft für das Kochen und ihr neues Kochbuch.

 

Jahrelang tourte Haya Molcho gemeinsam mit ihrem Mann Samy Molcho um die Welt. Während er als Pantomime auf der Bühne Erfolge feierte, verbrachte Haya viel Zeit auf lokalen Märkten und in den Küchen Asiens, Afrikas und Südamerikas. Dort lernte die gebürtige Israelin neue Aromen, Produkte und Zubereitungsarten kennen. Nach der Geburt ihrer vier Söhne widmete sich Haya Molcho schließlich auch hauptberuflich dem Kochen und baute in Wien einen Catering-Service auf. 2009 folgte ihr erstes Restaurant am Wiener Naschmarkt. Seitdem gilt die Köchin als Botschafterin der Levante-Küche, in der sich der Libanon, Syrien, Palästina, Jordanien und Ägypten treffen. Mit DONNA Online spricht die Gastronomin über ihre Leidenschaft zum Kochen und ihr neues Kochbuch „NENI, Tel Aviv, Food. People. Stories.“.

Woher stammt Ihre Leidenschaft für das Kochen? 
Haya Molcho: In den ersten Jahren meiner Beziehung zu Samy sind wir wie die Nomaden um die Welt gereist. So lernte ich in Indien, Japan, China, Marokko und viele weitere Länder kennen. Während Samy Auftritte als Pantomime hatte, konnte ich in viele verschiedene Küchen hineinschnuppern. Dort hatte ich immer Kontakt zu den einheimischen Lokalbesitzern und Köchen. Durch all diese Eindrücke und Begegnungen entwickelte sich auch meine Leidenschaft zum Kochen.

Gab es ein auslösendes Moment, mit dem Kochen anzufangen?
Nachdem Samy und ich sieben Jahre lang auf Tournee waren, haben wir uns in Wien niedergelassen, wo auch unsere vier Söhne zur Welt gekommen sind. Ich habe damals schon oft Feste wie Geburtstagsfeiern veranstaltet und teilweise für 200 bis 300 Gäste gekocht. Als meine Kinder älter wurden, mein jüngster Sohn Nadiv war damals 13 Jahre alt, kam der Wunsch auf, etwas Eigenes aufzubauen. Und so begann ich mit dem Catering.

Hatten Sie je das Gefühl, im Schatten Ihres erfolgreichen Mannes zu stehen? 
Samy und ich haben uns immer gegenseitig unterstützt. Keiner von uns beiden hatte das Gefühl, dass einer mehr oder weniger Erfolg hatte. Die Zeit mit den Kindern haben wir uns immer freiwillig und sehr gerne aufgeteilt. Samy gab mir auch nie das Gefühl, in seinem Schatten zu stehen oder mir meinen Erfolg nicht zu gönnen. Einen Konkurrenzkampf gab es zwischen uns nie.

War seine Bekanntheit eine Hilfe beim Start in die Gastrobranche? 
Ja natürlich, Samy war immer ein Sympathieträger in Österreich. Und jeder, der ihn mochte, mochte auch seine Haya. Trotzdem genügt es auf Dauer nicht, einen bekannten Mann an seiner Seite zu haben. Für bleibenden Erfolg muss man selbst etwas leisten und dabei gut sein.

Was ist das Besondere an Ihrem neuen Buch „Tel Aviv“? 
Mein neues Kochbuch zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es nicht nur Rezepte enthält, sondern auch Geschichten über Menschen und Orte. Wir wollten mit dem Kochbuch eine neue Richtung einschlagen, da wir überzeugt sind, dass die Leser nicht nur unsere Rezepte ausprobieren wollen, sondern auch Interesse daran haben, welche Menschen und Geschichten dahinter stecken. Es ist auch nicht nur mein Werk, sondern ein Gemeinschaftsprojekt der ganzen Familie Molcho, vieler inspirierender Köche und unserer Freunde. Alle haben sich leidenschaftlich beteiligt: Mein Sohn Nuriel Molcho mit den Fotografien oder unsere Freunde Ellen Lewis und Walther Hetzer mit dem Verfassen der Texte.

Wie haben Sie die Persönlichkeiten für Ihr Buch gefunden? 
Wir haben über ein Jahr recherchiert. In dieser Zeit haben wir mit zahlreichen Küchenchefs und Menschen gesprochen, die ihre Lokale seit vielen Jahren erfolgreich führen. So haben wir unglaublich interessante und vielseitige Persönlichkeiten getroffen, wie den Fischer Mahmoud oder Mati Landstein, der den Holocaust überlebt hat und sich einen Bierstand aufgebaut hat.

Was macht Tel Aviv für Sie persönlich aus?
Tel Aviv ist modern, mutig und frech. Die Menschen leben im Jetzt und sind daher viel intensiver. 24 Stunden am Tag pulsiert das Leben in Tel Aviv. Sogar um drei Uhr nachts ist und fühlt man sich nicht allein. Und kulinarisch ist Tel Aviv sowieso besonders. Durch die unterschiedlichen Kulturen, die nach Israel kamen, ist eine Weltküche entstanden, die eine Symbiose aus Orient und Okzident ist. Wussten Sie, dass die Wiener Juden das Schnitzel nach Israel gebracht haben? So vielseitig die Menschen und ihre Geschichten sind, so vielseitig sind auch ihre Speisen. Israel ist ein Integrationsland und seine Küche ein Melting Pot.

Sie beschreiben Ihre Küche selbst als eklektisch, also eine bunte Mischung aus vielen verschiedenen kulinarischen Strömen. Woher kommt das? 
Wenn man genau ist, gibt es keine „israelische“ Küche. Sie ist vielmehr ein Hybrid, das von vielen verschiedenen Kulturen beeinflusst wurde. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Levante-Küche, die an der Schwelle von Orient und Okzident entstanden ist und ihren Ursprung im Libanon, Syrien, Palästina, Jordanien und Ägypten hat. Folglich sind auch meine Rezepte und Gerichte nicht nur „israelisch“, sondern enthalten beispielsweise auch japanische und rumänische Einflüsse.

Woran liegt es, dass die Levante-Küche in den letzten Jahren immer beliebter wurde? 
Sie ist eine sehr gesunde, aromatische Küche und zieht besonders Menschen an, die sich vegan und vegetarisch ernähren. Viele Gerichte sind schnell gemacht und gleichzeitig eine spannende und mutige Kombination. Diese neue Welle ist nicht nur ein Trend, sondern wird uns dauerhaft begleiten.

Woher schöpfen Sie Kraft, um jeden Tag die Powerfrau zu sein, die Sie sind? 
Ich bin ein sehr positiver Mensch und liebe das Leben. Zudem gibt mir meine Familie unglaublich viel Kraft, sie ist für mich die Basis. Gleichzeitig kenne ich meinen Körper und spüre, wenn ich Abstand brauche. Wenn es mir zu viel wird, fahre ich in die Berge und nehme mir eine Auszeit. Außerdem fliege ich einmal im Jahr nach Indien, um Yoga zu machen und zu meditieren.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft? 
Viele und keine. Bis Ende dieses Jahres wird NENI in Paris eröffnet und Amsterdam ist auch in Planung. Ansonsten bin ich keine große Planerin, sondern lasse mich eher inspirieren und handle spontan. Hätte man mich vor zehn Jahren gefragt, hätte ich nicht gewusst, dass ich heute hier stehen würde. Genauso weiß ich nicht, was in fünf Jahren sein wird. Außer, dass ich auf jeden Fall an einem Tisch voller Schwiegertöchter und Enkelkinder sitze.

Und zum Schluss, welche Lebensweisheit können Sie mit unseren Leserinnen teilen?
Es ist wichtig, das Gerede anderer nicht zu ernst zu nehmen. Vielmehr sollte man immer auf sein Bauchgefühl hören und sich nicht von anderen vorschreiben lassen, was gut und schlecht ist. Wenn man von einer Sache überzeugt ist, sollte man sich auch nicht aufhalten lassen. Der Satz „Das tut man nicht“ existiert in meinem Wortschatz zum Beispiel gar nicht.

Leckere Rezepte und spannende Geschichten finden Sie in Haya Molchos Kochbuch „NENI, Tel Aviv, Food. People. Stories.“

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